Geht es dir auch so wie mir bis vor kurzem?
Ich wusste nämlich kaum etwas darüber, welche Fette und Fettsäuren ich in meiner rohköstlichen Ernährung eigentlich so zu mir nehme – und in welcher Menge – und was dann in meinem Körper an guten – und schlechten Dingen – damit passiert.
Aber ich wollte es herausfinden – und war gelinde gesagt erstaunt.
Dieses neue Wissen hat nun zu einigen Änderungen in meiner Rohkost-Ernährung geführt, und ich möchte dieses Wissen gerne mit dir teilen.
Fette in meiner persönlichen Rohkost-Ernährung
Und falls du keine Lust hast, dir das gesamte Referat meiner Recherchen zu Gemüte zu führen, dann findest du im vierten Teil dieser Artikelserie über Fette in der Rohkost meine persönlichen Überlegungen und die ganz praktischen Konsequenzen, die ich aus diesem Wissen für meine persönliche Rohkost-Ernährung gezogen habe.
Jetzt aber erstmal zurück zu den Fetten.
Fette sind lebenswichtig. Keine unserer Zellen kommt ohne Fette aus.
Und es gibt so viele verschiedene Fette – und so viele verschiedene Fettquellen in der Rohkost.
Apropos Rohkost:
Kaltgepresst – ist das Rohkost?
Hast du – wie ich – auch gedacht, „kaltgepresst“ bedeutet Rohkost-Qualität?
Dem ist jedenfalls nicht so. „Kaltgepresst“ ist nicht mit „Zimmertemperatur“ oder gar mit „Rohkost-Qualität gleichzusetzen.
Kaltgepresst bedeutet lediglich, dass die Pressung ohne äußere Wärmezufuhr stattfindet und die Auslauftemperatur von Nuss- und Saatenölen 60 ° C (!!) nicht überschreiten darf. Auf diese Weise produzierte Nuss- und Saatenöle dürfen vom Erzeuger als „nativ“ gekennzeichnet werden. Wie warm es innendrin in der Maschine beim Pressen wird, steht auf einem anderen Blatt.
Beim Olivenöl ist es rechtlich anders geregelt. Dort sind inzwischen „Erste Kaltpressung“ und „Kaltextraktion“ Standardverfahren. Die Temperaturen während des Verfahrens dürfen dabei 27 ° C nicht überschreiten.
Für mich steht fest: Man kann sich auch mit Rohkost ungesund ernähren, unter anderem, wenn man Fette in der Rohkost-Küche falsch einsetzt.
Auf der anderen Seite finde ich es aber total interessant, wie viele positive Eigenschaften die Fette haben, wenn man in seiner Rohkost-Ernährung verstärkt „vorteilhafte“ Fette in der richtigen Menge und Kombination einsetzt.
Fette = Glycerin und Fettsäuren
Zunächst ein bisschen Theorie.
Wenn wir von Fetten sprechen, meinen wir eine Verbindung von Glycerin mit drei Fettsäuren. Es gibt viele verschiedene Fettsäuren. In den in der Natur vorkommenden Fetten findet man eine Mischung an Fettsäuren.
Gesättigte und ungesättigte Fettsäuren
Fettsäuren bestehen grob vereinfacht aus einer Kohlenstoffkette. Manche dieser Kohlenstoffketten besitzen Doppelbindungen. Diese Doppelbindungen sind sehr reaktiv und „wollen gerne“, dass sich an dieser Stelle Sauerstoff anlagert und die Doppelbindung sich auflöst. Fettsäuren mit Doppelbindungen sind „nicht satt“, sie sind ungesättigt und wollen Sauerstoff.
Im Gegensatz dazu haben gesättigte Fettsäuren keine Doppelbindungen. Sie sind „satt“ und wollen keinen Sauerstoff. Sie sind „ruhig und zufrieden“ – also nicht reaktiv.
Ungesättigte Fettsäuren haben also eine starke Tendenz, sich mit Sauerstoff zu verbinden. Das tun sie besonders schnell, wenn Luft an das Fett drankommt, und wenn es warm und/oder hell ist.
Ranziges Fett
Wenn sich aber Sauerstoff an die Fettsäuren anlagert oder – mit anderen Worten – wenn das Fett oxidiert, dann wird das Öl ranzig. Es bekommt den typischen, sehr unangenehmen Geruch und den abstoßenden Geschmack, was uns deutlich anzeigt, dass die ungesättigten Fettsäuren hinüber sind.
Das ist der Grund, weshalb Öle mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren kühl (Kühlschrank) und dunkel (dunkle Flaschen) gelagert werden sollen.
Im Einzelnen unterscheidet man drei Gruppen von Fettsäuren.
Aber eine wichtige Bemerkung gleich vorweg:
Wir brauchen die Vielfalt der Fette – auch in der Rohkost
Es ist nicht so, dass die einen per se „gesund“ und die anderen „ungesund“ wären. Wir brauchen sie alle drei – auf die Menge, die Mengenverhältnisse und die Qualität kommt´s halt an. Aber mehr dazu später.
Gesättigte Fettsäuren
Besonders viele gesättigte Fettsäuren besitzen zum Beispiel das Kokosöl und tierische Fette, wobei letztere in der veganen Rohkost nicht auf dem Speiseplan stehen und ich daher nicht weiter auf sie eingehe.
Aber Kokosöl ist interessant. Kokosöl ist gesättigt, es ist „satt und zufrieden“. Da passiert nicht viel. Es ist lange haltbar und kann auch erhitzt werden.
Einfach ungesättigte Fettsäuren
Eine einfach ungesättigte Fettsäure hat eine Doppelbindung. Durch diese Doppelbindung wird sie reaktiv.
Das bedeutet, dass Fette mit vielen einfach ungesättigten Fettsäuren bei weitem nicht so lange haltbar sind wie z.B. Kokosöl. Sie müssen also dunkel und kühl gelagert werden und können nur teilweise und nur bedingt erhitzt werden.
Viele einfach ungesättigte Fettsäuren finden wir z.B. in Olivenöl und in Avocados.
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren
Hier wird’s richtig spannend, aus mehreren Gründen.
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren haben mehr als eine Doppelbindung. Sie sind also noch viel leichter verderblich – also noch kurzlebiger – als die einfach ungesättigten. Und Erhitzen wäre definitiv keine gute Idee.
Du kennst das vielleicht vom Leinöl, das sehr viele mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthält, und das man in kleinen, dunklen Fläschchen frisch gepresst von der Ölmühle beziehen sollte, zu Hause in den Kühlschrank stellen und wirklich schnell aufbrauchen sollte. Wenn man mehrere Fläschchen bestellt hat, sollten die restlichen in der Gefriertruhe aufbewahrt werden.
Aber um die Sache systematisch anzugehen:
Omega 3- und Omega 6-Fettsäuren
Bei diesen mehrfach ungesättigten Fettsäuren unterscheidet man zwischen den Omega 3-Fettsäuren und den Omega 6-Fettsäuren.
Die Zahl 3 bzw. 6 gibt an, am wievielten Kohlenstoffatom die erste Doppelbindung sitzt. Wir erinnern uns, mehrfach ungesättigte Fettsäuren haben ja mehrere Doppelbindungen in einer Fettsäure. Dabei zählt man die Kohlenstoffatome von dem Ende der Fettsäurenkette her, das nicht mit dem Glycerin verbunden ist.
Schauen wir uns diese beiden etwas genauer an:
Omega 6-Fettsäuren
Omega 6-Fettsäuren haben die erste ihrer Doppelbindungen am 6. Kohlenstoffatom.
Zu den wichtigsten Vertretern dieser Gruppe zählt die Linolsäure. Sie ist eine essenzielle Fettsäure, d.h. sie ist lebensnotwendig für uns und muss mit der Nahrung zugeführt werden, weil wir sie nicht selbst herstellen können.
Viel Omega 6-Fettsäuren finden wir beispielsweise in Sonnenblumen und Kürbiskernen und den aus ihnen gewonnenen Ölen, oder beispielsweise auch in Distelöl.
Omega 3-Fettsäuren
Omega 3-Fettsäuren haben ihre erste Doppelbindung am 3. Kohlenstoffatom.
Omega 3-Fettsäuren finden wir in Pflanzen hauptsächlich in Form der Alpha-Linolensäure, abgekürzt ALA, wobei das letzte A für das englische „acid“ = Säure steht.
Hohe Gehalte an ALA weisen besonders Leinsamen, Chiasamen und Walnüsse auf – und natürlich die aus ihnen gewonnenen Öle.
Die Alpha-Linolensäure ist – ebenso wie die bei den Omega 6-Fettsäuren bereits erwähnte Linolsäure – auch eine essenzielle Fettsäure. D.h. auch die Alpha-Linolensäure ist lebensnotwendig und wir müssen sie mit der Nahrung zuführen, weil wir sie nicht selbst herstellen können.
EPA und DHA
Weitere wichtige (aber bei weitem nicht die einzigen) Omega 3-Fettsäuren sind EPA und DHA, die beide sehr lange Namen habe, die ich uns hier ersparen möchte.
EPA und DHA kommen in fetten Seefischen wie beispielsweise Lachs, Sardellen, Sardinen, Heringen und Makrelen vor, können also beim Verzehr dieser Fische direkt aufgenommen werden.
Wenn man sich von veganer Rohkost ernähren möchte und dann noch an die Quecksilberbelastung von Fischen denkt, ist diese Option ja nicht gerade prickelnd!
Im zweiten Teil dieser Artikel-Serie über Fett in der Rohkost geht es um EPA und DHA in der veganen Rohkost, um die Umwandlung von Alpha-Linolensäure zu EPA und DHA und um das so wichtige Omega 6 : Omega 3-Verhältnis.
Wenn du meine facebook-Seite Grün-roh-bunt likst, erfährst du es immer sofort, wenn ich den nächsten Artikel zum Thema Fett in der Rohkost veröffentliche.